Donaukurierbericht: 150 Jahre auf Papier
Eigentlich wollte die Hepberger Feuerwehr anlässlich ihres 150-jährigen Bestehens heuer ein großes Fest feiern. Corona-bedingt wurde das auf 2021 verschoben. Trotzdem lohnt sich schon jetzt ein Blick zurück ins Gründungsjahr 1870 - denn das Geburtsdatum bleibt natürlich dasselbe.
Ausgestattet mit Handschuhen holt Michael Drätzl ein vergilbtes Dokument aus einer Registraturbox. Es ist fein säuberlich beschriftet. "Das sind Namen von Hepbergern, die eine Feuerschutzabgabe bezahlen mussten", erklärt der Schriftführer. Diese wurde für die Beschaffung der Feuerwehrausrüstung genutzt. Am 12. November 1870 von Bürgermeister Jakob Waffler unterzeichnet, zeugt das Protokoll von 50 Zahlungen über gesamt 28 Gulden, 50 Kreuzer.
Das 150 Jahre alte Blatt Papier ist das älteste erhaltene Schriftstück aus der Geschichte der Institution Feuerwehr in Hepberg - und gilt damit als Gründungsurkunde. Zuvor herrschte laut Drätzl bei Bränden Hilflosigkeit, Feuer wurden mit einfachen Löschgeräten wie Ledereimer, Axt oder Feuerhaken bekämpft. "Damals war das noch nicht organisiert, da haben alle zusammengeholfen", weiß Drätzl.
Erste Infos über eine geordnete Feuerbekämpfung stammen aus Protokollbüchern von 1864, als der Gemeindeausschuss den Kauf einer Feuerlöschmaschine vom Magistrat Ingolstadt für 200 Gulden beschloss. Um diese unterzubringen, fiel 1868 zudem die Entscheidung, ein Armen- und Feuerhaus zu errichten.
Neben mündlichen Überlieferungen gibt es aus der Anfangszeit der Feuerwehr keine Zeugnisse über die Tätigkeit der einstigen Kameraden. Das älteste erhaltene Mannschaftsfoto stammt von 1899. Es war wohl in den Kriegsjahren 1870/71, als sich ein paar Männer zusammentaten, um Löschübungen zu absolvieren. Sie waren Drätzl zufolge noch nicht uniformiert - für unentschuldigtes Fernbleiben von Übungen mussten aber sechs Kreuzer berappt werden.
Aufgrund fehlender historischer Dokumente blieb das exakte Gründungsdatum lange unklar, die Hepberger grenzten es auf die Jahre zwischen 1870 und 1873 - als der Feuerwehrverein nachweislich ins Leben gerufen wurde - ein. Als Festleiter Drätzl die Chronik für die diesjährige Feier vorbereiten wollte, stieß er deshalb auf drei Jubiläumstermine, die beim Nachrechnen "nicht zusammenpassten": 1951 wurde das 80-jährige Bestehen gefeiert, 1972 das 100-jährige und 1997 das 125-jährige.
Heute ist davon auszugehen, dass 1870 als Gründungsjahr am wahrscheinlichsten ist: Besagtes Protokoll zur Feuerschutzabgabe wurde erst 1997 in einem Karton im Schulhaus entdeckt. Mit der Korrektur des Gründungsjahres wurde die entsprechende Stickerei der Vereinsfahne auf 1870 angepasst. Die Fahne, die 1959 bei ihrer Beschaffung 3000 D-Mark kostete, wurde heuer restauriert. "Der Hersteller hat gesagt, so eine aufwendige Stickerei wäre heute nicht mehr zu bezahlen", erzählt Drätzl.
Das für 2020 geplante Gründungsfest wäre also ein "echtes" gewesen. Der Schriftführer bedauert: "Endlich hätten wir ein richtiges Jubiläum feiern können, dann müssen wir es verschieben." Doch nicht nur das Vereinsleben kam wegen Corona einstweilen zum Erliegen, für die Feuerwehr gab es auch keine Übungen mehr. "Die Jugendarbeit war komplett gestoppt", berichtet Kommandant René Karmann. Drätzl ergänzt: "Wir haben uns auf das konzentriert, wofür die Feuerwehr da ist." Das heißt: Einsatzdienst unter gewissen Hygienemaßnahmen.
Mittlerweile ist die Situation entspannter - was die Hepberger hoffen lässt, das Gründungsfest auf Juli 2021 verschieben zu können. Dafür würden die noch nicht gedruckte Festschrift aktualisiert, bereits gelieferte Fahnen und Festabzeichen trotzdem verwendet. "Wir haben das Glück, dass alle Vertragspartner wie Festwirt, Bands, Sponsoren und Zeltbauer mitgegangen sind", betont Drätzl. "Wir können das Programm eins zu eins auf nächstes Jahr verschieben."
Für die Festdamen ist das nicht so einfach: Sie hatten einen Tanz einstudiert, der beim Patenbitten in Kösching super ankam, meint Sofia Schubert. "Wir sind in dieser Zeit zusammengewachsen, haben geübt, getanzt. Der Stop von jetzt auf gleich war ein krasser Cut." Der Tanz kann neu geprobt werden - ein Problem stellen die Dirndl dar: "Die Festdamen dürfen nicht zunehmen", sagt Schubert lachend.
Dann bleibt da noch die Vorfreude auf das Patenbitten der Köschinger Feuerwehr, die ihrerseits 2021 ihr 150-Jähriges feiern will. "Da ist noch eine Rechnung offen", verrät Schubert, als sie sich an das Saugschlauchknien und den "Löschangriff" mit Tennisbällen beim eigenen Patenbitten erinnert.
Quelle:
https://www.donaukurier.de/lokales/ingolstadt/150-Jahre-auf-Papier;art599,4665108